Der Reiter auf dem weißen Pferd

 
     
     
  Offb. 19,11-21: Der Reiter auf dem weißen Pferd
Zusatz: Offb. 22,13
 
 

 

 
 

Der Reiter auf dem weißen Pferd bringt das Gericht über die Völker der Welt. Allerdings gehört er nicht zu den bekannten apokalyptischen Reitern (Offb. 6,1-8), seine Geschichte ist eigenständig.


Altes und Neues Testament verbunden
In der biblischen Geschichte trägt der Reiter den Namen "Das Wort Gottes" (Vers 13), der in der Plastik durch die typisierten Umrisse von Steintafeln zu beiden Seiten des Pferdes verbildlicht wurde (vgl. die Steintafeln des Mose mit den Zehn Geboten). Auf der rechten Seite des Pferdes ist die Tafel geschlossen und enthält das christliche Kreuz. Hier sind alttestamentliche und neutestamentliche Überlieferung miteinander verbunden.

Seitliche Elemente
"König aller Könige und Herr aller Herren" (Vers 16) findet sich in der durchstochenen Hand und symbolisiert den gekreuzigten Jesus. Die sie umgebende, angedeutete offene Schrifttafel auf der linken Seite stellt ein gebogenes Lamäd (in Form einer Schlange) dar, den zwölften Buchstaben des hebräischen Alphabets - eine Anspielung auf die zwölf Stämme Israels (siehe Bild im Inhaltsverzeichnis). Zum Vergleich: Ein korrektes Lamäd ist bei der Figur "Die Frau und der Drache" zu sehen. Sie bildet dort das Profil des Gesichts oben links am Kopf der Figur.

Der Schlangenkopf, der aus dem Kreuz an der rechten Seite hervorschaut, symbolisiert die Greueltaten, die im Namen des Kreuzes begangen wurden, immer noch werden und (biblisch gesehen) bis zum Weltende weiterhin geschehen sollen. Zusätzlich schaut in der Gestalt der Schlange die "Ursünde" aus der Figur hervor.

Das angedeutete Ende
Die Schleife auf der Oberseite stellt ein zusammen-geschrumpeltes Omega (O) dar, den letzten Buch-staben im griechischen Alphabet, ein Symbol für das Ende der Welt. Es sinkt wie ein Luftballon, den man angestochen hat, in sich zusammen, hat schon nicht mehr seine optimale Form: Aus der freudigen Erwartung des Weltendes wächst bei näherem Hinschauen auf den Text die Erkenntnis, dass es vielleicht doch nicht so großartig sein könnte.

Der Reiter
Mit dem Fuß, der gleichzeitig an einem Knie und einem Ellenbogen hängt, ist der Reiter angedeutet. Pferd und Reiter sind in der Sache eins: Sie bringen beide gemeinsam das Gericht über die Welt. Ohne Reiter wird das Pferd nicht geführt und ohne Pferd kann der Reiter nicht vollbringen, was er soll.

Da es sich nicht um ein wirkliches Pferd handelt, sondern um ein bildliches, ist auch der Torso des Tieres dämonisch verändert dargestellt: Ein Huf befindet sich auf dem Rücken, der Kopf fehlt und der Hinterleib hat mit einem Pferd nicht mehr viel zu tun. Im Maul befinden sich ausschließlich Backenzähne, die zum Zerkleinern der Mahlzeit dienen - ein Sinnbild für die alles zermalmende Wirkung von Ross und Reiter.

 
     

(174 cm)