Heil für alle?


(Zellstoff und Acryl auf Leinwand, 80x120 cm)

 
     
 

Die sieben Schalen des Zornes Gottes sind nur der Anfang einer großen Aktion des "Aussiebens", bei der nur 144.000 Menschen überleben. Aber was ist mit dem Versprechen Christi, allen das Heil zu schenken, die an ihn glauben?


Biblischer Hintergrund

Offb 7,1-8 und 9f
(Die Versiegelten/die große Schar aus allen Völkern)
Offb 15,5 - 16,21
(Die Schalen des Zorns)
Offb. 20,11-15
(Das Weltgericht)
Offb. 21,24-27
(über die Völker und das Lebensbuch des Lammes)
Joh. 3,15.36
(universale Heilszusage)


Zur Darstellung

Die sieben U-förmigen Gebilde stellen die sieben Schalen des Zornes Gottes dar, die von Engeln über der Welt ausgegossen werden (Offb. 15f.).

Das Kreuz unterhalb der Mitte hat einen abgebrochen Stamm, was auf die Frage hinweist, ob im Gericht über die Welt das Heil für alle (Gläubigen) eine Relevanz hat (Joh 3,15.36).

Mit den Umrissen eines Buches, die das Kreuz umgeben, ist das Lebensbuch des Lammes gemeint, in dem - für viele Gläubige verschiedener Richtungen - die 144.000 Auserwählten geschrieben stehen (Offb. 20,12.15; 21,27).


Inhaltliche Überlegungen

Die sieben Schalen des Zornes Gottes sind nur der Anfang einer großen Aktion des "Aussiebens", bei der nur 144.000 Menschen überleben. Aber was ist mit dem Versprechen, dass allen das Heil zuteil wird, die an Christus glauben (Joh 3,15.36)?

Gerichtsgegenwart?
Menschen vieler christlicher Denominationen glauben, dass die mit den Schalen verbunden Plagen bereits unsere Gegenwart heimsuchen. Dargestellt ist dies durch die kleinste der U-förmigen Schalen, die hier umgedreht - also "ausgeschüttet" - abgebildet wurde. Mit dem Glauben an diese Gerichtsgegenwart ist meist auch der wörtliche Glaube an die 144.000 Auserwählten verbunden.

Heilsuniversalität? - Biblischen Zahlenspielen nachgerätselt
Wenn aber die Heilszusage durch den Kreuzestod Jesu für alle gilt und somit den Evangelien ein wichtiger Stellenwert eingeräumt wird, muss doch die Exklusivzahl der Auserwählten eine rein symbolische sein.

Die 144.000 Personen (nach Offb. 7,4-8 die "Versiegelten") setzen sich aus je 12.000 Menschen aus den 12 Stämmen Israels zusammen. Gilt hier das Heil nur für das Gottesvolk?

Die Verwirrung wird perfekt, wenn man sich Offb. 14 anschaut: Hier taucht die 144.000 noch einmal auf - und zwar in Form von Männern, die sich nicht mit Frauen befleckt haben. Bringt man diese Auserwählten in einen direkten Zusammenhang mit dem Lebensbuch des Lammes, so wird bei wörtlicher Interpretation das Heil nur ihnen zuteil.

Ein anderes Zahlenspiel: Heute wie damals zur Zeit der Entstehung der Johannes-Offenbarung wird die Zahl 1.000 als Ausdruck für eine nicht näher bestimmte Vielzahl verwendet. Multipliziert man die 12 Stämme Israels mit den 12 Jüngern Jesu und multipliziert das Produkt wiederum mit 1.000, so kommt man auf die 144.000, die aber eine reine Symbolzahl sind. Denn gemeint sind quasi "viele" aus dem Volk Gottes und "viele" der Christen.

Da aber in Offb. 20,11-15 davon die Rede ist, dass alle Toten auf dem Prüfstand stehen und nach ihren Werken beurteilt werden, liegt der Schluss nahe, dass die Heilsexklusivität gar nicht so exklusiv ist: Alle haben nun doch die Chance. Wer dann im Lebensbuch des Lammes steht, wohnt mit im Neuen Jerusalem. Die anderen werden in den Feuerpfuhl geworfen.

Dass trotzdem noch mehr Menschen zu den letzendlich ausgewählten gehören, wird durch die Offb. 7,9 und 10 unterstützt, in denen von einer ungezählten Schar aus allen Stämmen, Völkern, Nationen und Sprachen die Rede ist, die vor Gottes Thron und dem Lamm stehen (also bereits ausgewählt wurden). Das sind vielleicht diejenigen, die später im Lebensbuch gefunden werden (Offb. 21,27).

Fazit
Bei symbolischer Auslegung der Zahl erkennt man also einen universalen Heilscharakter: Die im Lebensbuch Aufgeschriebenen setzen sich aus Menschen aller Kulturen und zusammen - sofern sie durch ihre Werke gottgefällig gelebt haben.

Die vorangestellten Überlegungen zeigen sehr deutlich, dass eine symbolische Auslegung der Offenbarung hilft, antisemitische Tendenzen im interreligiösen Dialog zu vermeiden. Sie hilft auch, Glaubensvorstellungen zu hinterfragen und (helfend) zu korrigieren, die durch eine rigide und engstirnige wörtliche Interpretation Menschen zu einem ständigen schlechten Gewissen zwingen.